Die Beiträge auf LinkedIn erfolgen in loser Folge, oft basierend auf Tagesaktualitäten im Güter- und Personenverkehr.

Ist die BAV-Ausschreibung Einzelwagenladungsverkehr zum Scheitern verurteilt?

Zum Zweck der finanziellen Förderung schliesst der Bund, vertreten durch das BAV, vierjährige Leistungsvereinbarungen mit Anbietern ab. Für Investitionsbeiträge und Abgeltungen für Angebote und Leistungen des EWLV wurde ein Verpflichtungskredit von jährlich 65 Millionen Franken für die Jahre 2026–2029 gesprochen. Die Anforderungen hierzu beschreibt das BAV im «Request for Offer» unter Suchen in BAV über 24 Seiten in 17 Punkten.

 

Aus den Offerten hat hervorzugehen, für welchen Teil der Leistungserbringung EWLV sich der Anbieter bewirbt. Daraus soll sich ein möglichst feinkörniges Angebotskonzept, inkl. Zugang zum Angebot, aufgezeigt werden.

 

Es sind Angaben zur Kosten- und Erlösrechnung, inklusive einer Abgrenzung zwischen Finanz- und Kostenrechnung und einer Abgrenzung zwischen den Kosten für den EWLV und anderen Tätigkeiten zu machen. Allein 5 Seiten des «Request for Offer» umschreiben die Anforderungen an die Kostenrechnung!

Die Offerten sollen auch ein Zielbild für einen kostendeckenden EWLV enthalten, welches spätestens nach Ablauf der beiden vierjährigen Förderperioden ab 2034 erreicht werden soll.

 

Die in der Offerte erforderlichen Abgeltungen und Investitionsbeiträge sind periodenscharf aufzuschlüsseln. Auf dieser Basis werden in der Leistungsvereinbarung Investitionsbeiträge vereinbart und geleistet. Diese sollen das Kostenniveau nachhaltig senken, sodass in der Folge die Abgeltungen sinken können.

Für den Fall, dass eine Anbieterin nicht in der Lage ist, die mit der Leistungsvereinbarung vereinbarten Leistungen zu erbringen, kann das BAV Sanktionen erlassen.

 

Nach dieser Kurz-Zusammenfassung der BAV-Ausschreibung, die am 30. August ablief, stellen sich für mich folgende Fragen:

 

- Die Verhandlungen finden im November 2025 statt, im Dezember sollen die Leistungs-Vereinbarungen unterzeichnet werden die ab 01.01.2026 in Kraft treten. Die Trassenbestellung für ein bestimmtes Jahr hat gemäss «Request for Offer» bereits im April des Vorjahrs zu erfolgen … wie soll ein EVU Trassen für 2026 bestellen, wenn gar noch nicht klar ist, wer welche Aufträge vom BAV erhält?

 

- Bis Ende 2027 erfolgt die Migration zur Digitalen Automatischen Kupplung. Die eingereichten Offerten haben daher die Information zu beinhalten, wie die Anbieterinnen im Angebotskonzept mit der Migration zur DAK umgehen und welche Einflüsse das auf Kosten- und Ertragsentwicklung hat … Welches EVU kann hier bei dem heutigen, unklaren DAK-Projekt verbindliche Angaben machen?

 

- Für die Nahbereichsbedienung ab 1. Januar 2026 stehen den meisten EVU nur Diesellokomotiven zur Verfügung, einzig SBB Cargo hat Eem 923 Hybrid-Lokomotiven… Nachhaltigkeit ist zwar kein BAV-Kriterium, dennoch ist ein Rückschritt wünschenswert?

 

Fazit: Dieser administrativen BAV-Höchstleistung kann wohl nur SBB Cargo gerecht werden, wenn sie denn so will.

 

Bild Eem 923: P. Trippi, Graphiken: P. Trippi, BAV


Wie kann eine Rückverlagerung des alpenquerenden kombinierten Transitverkehrs auf die Strasse infolge des Nadelöhrs Deutschland verhindert werden? Zwei Motionen sollen es richten.

Nach der Erlangung der EVU-Lizenz in Frankreich Ende 2024 fährt SBB Cargo France (mit operativem Standort in Yutz/Thionville) Züge mit eigener Lizenz von Basel über Strasbourg nach Karlsruhe mit Einsatz einer BB 75000 Diesellokomotive, die fallweise von Akiem eingemietet werden. Für ChemOil Logistics AG werden nun regelmässig Züge auf dieser Strecke unterwegs sein. Eine operative und aufwändige Notlösung, da die Strecke nicht elektrifiziert ist und durch zahlreiche Elsässische Dörfer führt.

 

Die sechs Vogesentunnel zwischen Saverne und Réding (siehe Graphik) verfügen derzeit nicht über das für den unbegleiteten Kombinierten Verkehr (UKV) erforderliche Vier-Meter-Profil P400. Ohne eine Anpassung dieser Tunnel auf das P400-Standardprofil kann kein durchgängiger 4-Meter-Korridor auf der linken Rheinseite nach Antwerpen geschaffen werden. Die Ausbaukosten werden hierfür auf CHF 60 bis 80 Millionen geschätzt. Kein Novum für die Schweiz, wurden und werden auch in Italien Streckenausbauten und Terminalinvestitionen in Zusammenhang mit dem NEAT-Verkehr finanziert.

 

Zwei parlamentarische Motionen von Thierry Burkhart (25.3543 vom 2.6.2025) und Martin Candinas (25.3551 vom 4.6.2025) fordern nun den Ausbau des linksrheinischen NEAT-Zubringers Antwerpen–Basel als zweite nördliche Zulaufstrecke, um eine Rückverlagerung des alpenquerenden kombinierten Transitverkehrs auf die Strasse zu verhindern. Die Schweiz soll die dafür erforderliche Profilanpassung der Vogesen-Tunnel vollständig finanzieren und hierfür vorrangig die freiwerdenden Mittel der Rollenden Landstrasse (RoLa) aus den Jahren 2026–2028 einsetzen.

 

Gemäss Hupac könnte die Maßnahme die Kapazität der gesamten Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) erheblich erweitern. Bereits heute entfallen rund 50 % des alpenquerenden Verkehrs durch die Schweiz auf Benelux-Verkehre. Den Abschluss des Ausbaus der Oberrheintalbahn in Deutschland wird erst für 2045 erwartet, weitere Streckensperrungen sind laufend geplant. Um die Resilienz der Nord-Südverkehre zu sichern, ist ein Ausbau der Strecke Strasbourg – Metz auf P400 zwingend notwendig.

 

Graphik: P. Trippi auf Basis openrailwaymap. Fotos P. Trippi: Bahn- und Kanaltunnel bei Arzviller und SBB ChemOil Logistik Verkehr im Elsass.


Fusion LYRIA mit EUROSTAR? SBB mit dabei?

Wenn man die Besitzverhältnisse von EUROSTAR und LYRIA ansieht, würden sich neue Opportunitäten öffnen: EUROSTAR und THALYS wurden im Jahre 2023 durch den Hauptaktionär SNCF fusioniert, vor dem Zusammenschluss befand sich THALYS zu 70 % im Besitz der SNCF und zu 30 % im Besitz der belgischen SNCB. Bei LYRIA sitzen die Franzosen mit 74 % an Bord, SBB hält 26 %. Was liegt da näher, als LYRIA in EUROSTAR zu integrieren? Marktanteile Pkm 2024 in Frankreich: EUROSTAR 7%, LYRIA 4% = neu 11%.

 

Für die SBB ein Weg mit wenig Risiken und trotzdem „einen Fuss“ in der Konsolidierung des Internationalen Personenverkehrs zu haben. Dazu kann sie ihr wertvolles know how als IPV-LYRIA-Betreiber und der CH-Marktbearbeitung einbringen.

 

Gemeinsame Beschaffung von neuen Hochgeschwindigkeitszügen?

 

Dies würde auch eine stärkere Position bei der Beschaffung neuer Hochgeschwindigkeitszüge schaffen (50 für Eurostar, 40 für SBB, 15 für SNCF als Ersatz für LYRIA). Von Branding, Vertrieb, Zugeinsatz, Wartung etc. könnten so Synergien für alle beteiligten Gesellschafter gehoben werden bei tieferen Stückkosten.

In diesen Größenordnungen wäre ebenfalls eine Dual-Flotten-Strategie (doppelstöckige TGV-M + einstöckige HGV-Züge) denkbar. Alstom baut eine 2. Montagelinie für den TGV-M, was den Beschaffungshorizont verkürzen wird. Damit können die veralteten und störanfälligen THALYS-TGV ersetzt, neue Verbindungen eröffnet und längerfristig die siebzehn Siemens e320 ebenfalls ersetzt werden.

 

Graphik & Fotos: P. Trippi


Pan-European Rail powerhouse to challenge air traffic?

After the Eurostar merger with Thalys, now integrate Lyria. Thalys and Lyria operate the same TGV models, and both will have to replace their rolling stock from 2030 onwards. With an integration of Lyria, SBB would be on board (with financially a relatively small financial risk).

 

This would also create a stronger position in the procurement of new high-speed trains (50 for Eurostar, 40 for SBB, 15 for SNCF as a Lyria replacement). From branding, sales, train use, maintenance etc., synergies would have to be leveraged for all shareholders involved.

 

At these scales, a dual fleet strategy (TGV-M + HST single deck) would be conceivable at best. Alstom is building a 2nd assembly line for the TGV-M, which would shorten the procurement horizon.

 

Shareholdings situation today:

- Eurostar: SNCF 55,75 %, CDPQ 19,31 %, NMBS/SNCB 18,5 % and funds managed by Federated Hermes Infrastructure through Patina Rail 6,44 %

- Lyria: SNCF 74%, SBB 26%

 

And maybe tomorrow: SNCF 55 %, investors and infrastructure funds 25 %, SBB and SNCB each 10 %. All depends on a decision making of SNCF (with Captrain, the French carrier has already such a European strategy for cargo operation, why not the same on the passenger side).

 

This would give birth to a "Pan European Rail Powerhouse" that can really stand up to the airliners. I see the second such "PERP" in the Trenitalia strategy, which operates in Italy, Germany (NETINERA + Trenitalia), France, Spain (Iryo), Switzerland and in the future London (together with Evolyn).

 

Rendering (no relation to Eurostar nor Trenitalia), photo: P. Trippi


Von Genf nach London, aber wie? – De Genève à Londres, mais comment ?

Im Mai haben Bundesrat Albert Rösti und die britische Transportministerin Heidi Alexander eine Absichtserklärung unterschrieben, die eine direkte Zugsverbindung in den 2030er Jahren zwischen London und Genf vorsieht. Offenbar ist EUROSTAR daran interessiert: Am 10. Juni gab sie die Absicht einer Verbindung London-Genf, neben Amsterdam/Brüssel-Genf, bekannt.

 

Im Hauptbahnhofgebäude Genf-Cornavin bestehen keine Möglichkeiten, ein London-Terminal mit Zoll- und Sicherheitskontrolle sowie Aufenthaltsräume und Lounges für 500 Passagiere einzurichten … ausser man nutzt das heutige westlichste Abfahrtgleis 8 (TGV Paris) und realisiert eine Anpassung des Projekts «Neugestaltung Place de Montbrillant». Da das Neugestaltungs-Projekt bestenfalls Ende der 2030er-Jahre (oder wohl eher in den 2040er) umgesetzt wird, müsste vorgängig durch eine Umnutzung eines bestehenden Gebäudes am Place de Montbrillant ein Terminal mit einem Brückenpassage zum Bahnsteig à la Kreuzfahrtschiffsterminal als "Lösung 2030" realisiert werden. Eine sicherheitstechnische Abtrennung des Bahnsteigs (zweimal 2 h pro Tag) während der Bereitstellung des London-Zuges dürfte aufgrund der Platzverhältnisse realisierbar sein.

 

Ob sich dies alles wirtschaftlich rechnen lässt, bleibt offen. Realistischerweise wäre eine EUROSTAR-Verbindung über Paris CDG (Aéroport Charles de Gaulle) – Lille Europe (mit Anschluss an Eurostar nach London) – Brüssel aus CH-Sicht zweckdienlicher, rasch umsetzbar und finanziell besser vertretbar und benötigt keinen Terminal "Genève International".

 

Graphik: P. Trippi, Foto : Wikipedia, Bild Place de Montbrillant: Google-Map/P. Trippi


Der Einsatz von Hochgeschwindigkeitszügen eröffnet den SBB neue Perspektiven, doch der Einsatz direkt nach London ist kurzfristig ohne Chancen.

Die SBB planen den Ausbau ihres internationalen Hochgeschwindigkeitsverkehrs. Dafür sollen bis zu 40 neue mehrstromfähige Hochgeschwindigkeitszüge beschafft werden, auch um ältere Modelle wie den ETR 610 und teilweise den (Lyria)-TGV Euroduplex ab den 2030er-Jahren zu ersetzen. Damit wäre die SBB in der Lage, eigenes Rollmaterial in die Zusammenarbeit mit europäischen Bahngesellschaften einzubringen. Investitionskosten rund CHF 1,5 Milliarden.

 

Ob die SBB internationale Verbindungen im Rahmen von Kooperationen mit DB, SNCF und Trenitalia oder über ein Open-Access-Modell betreiben will ist offen. Aufgrund wirtschaftlicher Risiken wird eine Zusammenarbeit wohl weiterhin im Kooperationsmodell erfolgen.

 

Eine Direktverbindung Schweiz-London ist vor den späten 2030er-Jahren jedoch sehr unwahrscheinlich, da erhebliche bauliche, organisatorische und finanzielle Herausforderungen bestehen. Abfahrtsterminals in Genf und/oder Basel (hier wäre genügend Platz vorhanden, siehe Bilder) erfordern einen abgesicherten Bahnsteig, aufwändige Sicherheits- und Zollinfrastrukturen (mit UK-Personal), Wartelounges sowie bilaterale Abkommen mit Grossbritannien und Frankreich.

 

Vor 2030 könnten Verbindungen mit einem bahnhofinternen Umstieg in Lille-Europe auf einen Eurostar-Anschlusszug realisiert werden, beispielweise mit einem erweiterten Lyria-Angebot über den Flughafen Paris-CDG (und Erweiterung nach Brüssel).

 

HGV-Rollmaterial ist begehrt, Herstellerkapazitäten könnten bis Mitte der 2030er-Jahre ausgebucht sein:

- 40-50 Einheiten für Virgin, Heuro, Trenitalia/Evolyn und Gemini Trains für einen Markteintritt.

- 14 + 36 Optionen von Netinera (eine 100%ige Deutschland-Tochter der italienischen Staatsbahn) in Abklärung.

- 50 Einheiten bei Eurostar geplant.

- SNCF steht mitten in der Erneuerung der TGV-Flotte.

 

Mehr dazu lesen Sie auf ProBahn Schweiz

 

Bildnachweis: ETR-1000 (Visualisierung P. Trippi, ohne Bezug zu SBB oder Hitachi), Graphiken & Fotos Basel P. Trippi


Bald Grounding von SBB Cargo?

Zuerst der Einzelwagenladungsverkehr, jetzt Swiss Cargo Logistics. Abbau der Dienstleistungen und des Personals. Seit Jahrzehnten kämpft SBB Cargo mit Verlusten und ausserordentlichen Abschreibungen und erfindet sich trotzdem immer wieder neu.

 

So an der Medienkonferenz am 28. September 2022: Die SBB setzt auch in Zukunft auf den Güterverkehr und baut den Kombinierten Verkehr (KV) aus. «Mit Suisse Cargo Logistics nutzen wir das Bahnsystem besser für die Logistik in der Schweiz» so Monika Ribar, Verwaltungsratspräsidentin der SBB.

 

Am 20. Mai 2025 dann die Kehrtwende: Acht von zehn KV-Terminals der SBB, die nicht rentabel betrieben werden können, werden eingestellt. Der Kombinierte Verkehr erzielte 2024 einen Umsatz von 18 Millionen Franken mit einem Verlust von 12 Millionen Franken.

 

Kunden verzichten auf SBB Cargo-Leistungen, verlustbringende Geschäfte werden anderen EVU respektive dem Strassentransport überlassen, Ausschreibungen gehen verloren:

 

- Das EVU railCare betreibt seit 2007 als COOP-Tochtergesellschaft den unbegleiteten Kombinierten Verkehr für den grossen CH-Detailhändler. 2021 übernahm railCare auch den Wagenladungsverkehr.

 

- Seit dem Jahr 2021 ist TR Trans Rail der nationale Logistikpartner von Schweizer Zucker AG. Mit zwölf, teils zugemieteten, E-Loks und acht Dieselloks werden etwa 400 Wagen mit über 1000 Zügen verschoben.

 

- Widmer Rail (WRS), Rheincargo und andere bedienen zunehmend den Ganzzug-Treibstofftransport. TR Trans Rail konnte den Aushubtransport für den zweiten Gotthard-Autobahn-Tunnel für sich entscheiden.

 

- Die seit 2013 bestehende Zusammenarbeit von SBB Cargo mit DB Cargo wird per 1.1.2026 nicht mehr erneuert. Minus 20 Auftragsfahrten pro Tag. Migros stellt den seit 2014 eingeführten Bahn-Tiefkühltransport ab Gossau im Frühling 2025 ein.

 

Was kommt als nächstes? Liegt es am ehemaligen (Miss)Management oder den billigen LKW?